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Neuerscheinung
„Stimme.Stimme“ von Isabella Lehmann und Vinzenz Fengler
Eine Rezension von Barbara Kowa
STIMME.STIMME
ist als poetische und performative Auseinandersetzung mit dem unerschöpflichen Thema Beziehung bestechend heutig. Das prozessorientierte dieses Werks, in dem Isabella Lehmann und Vinzenz Fengler sich in der Art eines Kettenbriefes gegenseitig die Texte zugespielt haben, ist im daraus entstandenen Stück auf magische Art und Weise spürbar. Magisch deshalb, weil der Text gleichzeitig literarisch so homogen ist, dass es verwundert zu hören er wurde von zwei Händen zu Papier gebracht.
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Im Schaffensprozess waren es aber vor allem die Stimmen, also die feineren, nicht greifbaren Frequenzen, die so viel gegenseitige Einfühlung möglich machten. Die beiden Künstler haben sich ihre Texte nämlich vorgelesen und saßen dabei in unterschiedlichen Städten. So wurde die Arbeit eine konsequent heutige Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Schichten unseres Beziehungsgeflechtes.
In einer Zeit, da das ´Social Distancing` ja tatsächlich nur die logische Folge einer schon zur Jahrtausendwende begonnenen Entwicklung ist.
In einer Zeit, in der unsere virtuell gefilterten Selbstbilder im direkten Kontakt nicht mehr aufrechterhalten werden können und diesen daher fast schon obszön erscheinen lassen.
In einer Zeit, in der die tiefsten und intimsten Geheimnisse im Beichtstuhl von social media ausgebreitet werden, um sich in der unendlichen Anonymität des Netzes aufzulösen, während die Kontinuität von Beziehung im 11-Minuten-Takt von dating apps vermieden wird.
In einer Zeit, in der Nähe scheinbar nur noch in der Distanz zugelassen werden kann.
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Vor diesem konzeptionell sehr klar ausgeführten Hintergrund kommen die beiden jedoch sehr schnell darauf, dass wir der Kontinuität unserer prägenden Beziehungen gar nicht entkommen können. Denn sie kommen sehr schnell auf das, was ein Buddhist als Karma bezeichnen würde oder ein Psychologe als frühkindliche Prägung: auf die Unausweichlichkeit der abhängigen Bindungen, dargestellt durch die Eltern-Kind-Beziehung.
Die Rollen, die dieses unendliche Thema ausloten bleiben im Ungefähren, sind nur Stellvertreter. Benannt als: X, Y, UN/GESAGT, UN/GEFRAGT, UN/WISSEND, UN/BEWUSST und UN/BEKANNT entziehen sie sich also dem Zeitgeist der Selbstfindung und stellen die berechtigte Frage, ob es dieses ominöse ´Selbst´ denn überhaupt geben kann, innerhalb eines derart bedingten Bindungs-Netzes. Sie legen nahe, dass sich jede Vorstellung von einem solchen Selbst bei genauer Betrachtung doch natürlich im kollektiven Beziehungsgeflecht auflöst. Dass das `Dazwischen´ unser eigentlicher Körper ist und unser eigentlicher Geist. Diese `Selbsterkenntnis´ geht dann allerdings immer weiter.
Hier gibt es kein `Der Letzte macht das Licht aus!` mehr, denn es gibt auch keinen ´Letzten´ mehr, der dann irgendwie doch der Erste sein wird. In dieser Wahrnehmung herrschen völlig andere Gesetze. So sagt X am Ende:
„Du kannst das Licht jetzt löschen.“
Woraufhin Y erwidert:
„Ja. Es ist niemals das gleiche Dunkel.“
So gelesen ist der Text die erfolgreiche Überwindung der Identifikation mit dem Individuum. Also ein tief buddhistischer Text. Doch sicher ohne jede Absicht. Das ist ja das Wundervolle; wo die Absicht fehlt, kann der Prozess erst beginnen bzw. wirklich wahrgenommen werden.
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STIMME.STIMME
Vinzenz Fengler und Isabell und Isabella Lehmann
edition maya
9,80 €
ISBN: 978-3-930758-55-5
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Im Buchhandel erhältlich
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Barbara Kowa, Schauspielerin und Performance Künstlerin (barbarakowa.de)
Veröffentlicht von:
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Dr. Siegliz Str. 49
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