Lockdown

Also das ist ja was. Lange befürchtet und jetzt eingetroffen, was einige Befürchtungen wahr werden lässt. Ein Großgastronom kann nicht mehr schlafen, denn erst gestern bestellte er seinen neuen Luxuswagen, selbstverständlich mit Anpassungen einer Spezialfirma für Karosseriebau & Tuning. Nun bereitet ihm die Rechnung Sorgen. Wenn seine Gäste die heftig überzogenen Getränkepreise nicht mehr zahlen und fortbleiben, wie soll es dann weitergehen? Natürlich kommt auch die Frage auf, was wollen denn die vielen Menschen mit all dem eingesparten Geld anfangen? Alles ausgeben, selbstverständlich in meinen Betrieben, wie er leise vor sich hinsprach.
Vollkommen anders geartet die Vergnügungsbetriebe Eva GmbH & Co KG. An den Betriebsstätten hielten die Damen ein Plakat hoch: Lockdown-Schlußverkaufspreise, nur bei uns.

Peinlich wurde es dann, als ich auf ein letztes Bier in die Kneipe ging. Neben mir stand ein attraktives Girl, musterte mich unauffällig, rückte näher an mich ran. „Du bis aber ein toller Mann, da kommt man als Frau schon mal in solche Träumereien …, bevor morgen der Lockdown beginnt, sollten wir die Chance des letzten Tages nutzen.“ Sagte sie und rückte mir noch näher auf den Pelz. Nun, ganz objektiv gesehen war ihre Aussage bezüglich toller Mann durchaus von Sachkenntnis geprägt. So fragte ich zurück: „Was stellst Du Dir denn vor?“ Sie grinste, zwinkerte mir zu, legte einen Arm um mich und flüsterte verheißungsvoll: „Ne´n Hunni, ok?“ Was für ein Luder! Bin ich der billige Jakob??? Empört entgegnete ich: „Dafür kannst Du mich nicht einmal in der Badehose sehen, Schatz. Leg mal kräftig was drauf!“ Aus ethisch-moralischen Gründen möchte ich die mir jetzt an den Kopf geworfenen Wörter nicht niederschreiben. Es reichte allerdings um die Dame des Lokals zu verweisen.

Kurz danach, ich wollte zur U-Bahn, kam eine Kolonne von Demonstranten die Straße entlang. Zuerst dachte ich an eine Umweltdemo, die ist ja gerade modern, doch als die Gruppe näher kam, stellten die sich als Religionseiferer einer Sekte heraus. Große Plakate schwangen sie, darauf konnte man lesen: Jesus, meine Zuversicht oder auch bekennt Euch und Ihr werdet gerettet …
Ein Mann aus der Gruppe trat auf mich zu. Versuchte mir einen Flyer in die Hand zu drücken. Ich lehnte ab, sprang zurück, Abstand halten, gell?! Er schüttelte den Kopf, sah mich verständnislos an: „ Du armer ungläubiger Sünder. Ja weißt Du denn nicht, wir können zwar alle Corona bekommen, aber wir, die Gläubigen der letzten Hoffnung, wir werden nicht daran sterben!“ „Äh, wieso denn nicht?“ ich war perplex und irritiert zugleich. Mit leuchtenden Augen wurde mir nun erklärt: „Wir können nicht daran sterben, weil Jesus schon für uns gestorben ist …“ Ob der auch Corona hatte? Ich muss das nochmals in der Bibel nachlesen. Meine mangelhafte Bildung machte sich bemerkbar.

Während in einer großen Stadt durch Knitter-Else (so nannte man sie wegen des faltenreichen Gesichts) bereits ein Karnevalsverbot verkündet wurde, las ich mir in der U-Bahn die neuen Verordnungen durch. Als treuer Bürger deutscher Lande möchte ich stets gut informiert sein. Doch was muss ich da lesen? Au backe, ein ganz, ganz dicker Fehler ist in den Verordnungen zu sehen. Wie konnte so etwas nur geschehen? Anzahl der Personen im häuslichen Umfeld begrenzt … das ist aber familienfeindlich! Die armen, armen 25-köpfigen Großfamilien, die in 2 bis 3-Zimmer-Wohnungen hausen, verstoßen nun ungewollt gegen die Auflagen.

Höchst verehrte Bundesregierung, ich erwarte Ihre Stellungnahme!

Noch schlimmer aber ist der Niedergang der Kultur. Die Grafitti-Sprayer können nichts mehr verunstalten, saubere Strassenbahnen und Züge, wie soll man sich da noch heimisch fühlen?

Veröffentlicht von:

Ulli Zauner

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