Bald ist Wahltag, hurra

Vor langer, langer Zeit lebte im Reich Absurdistan die alte Kaiserin. Viele Jahre regierte sie vor sich hin, sagte mal so oder mal so, rechtfertigte ihren Ruf als Kaiserin des Aussitzens stets neu. Und als nun alle Absurden, wie man die Einwohner des Kaiserreichs nennt, sich daran gewöhnten, dass es immer so sei, da wollte sie nicht mehr.
Amtsmüde war sie schon lange, doch wer sollte das Kaiserreich regieren, wenn nicht SIE? Griesgrämig sah sie die Liste der möglichen Nachfolger an. „Alles Pappnasen!“ rief sie durch den Saal und ihre Höflinge nickten eifrig dazu. Doch halt! Da war doch der grinsende Ritter? Beinahe hätte sie den übersehen. Egal um was es ging, er lächelte, er lachte, genau genommen strahlte er über das ganze Gesicht wie ein Kind am Geburtstag. Dabei war er nur ein Anhänger des Lachyoga. Sich selbst in den traurigsten Momenten seelisch befreien und lachen, das war die Botschaft dahinter. Oft wurde diese Haltung falsch gedeutet, bzw. völlig falsch verstanden und dementsprechend negativ kommentiert. Natürlich erkannte die Kaiserin die gute Absicht dahinter und so kam der Ritter des Lachens in die nähere Wahl als Nachfolger.
Auch ein Kaiserreich hat seine Opposition. Der studierte Direktor eines Marionettentheaters platzierte Püppi! Er zog die Fäden, Püppi tanzte! Es gab durchaus viel Zuspruch, jedoch ein alter Seher prophezeite Unheil mit Püppi. Sie könnte sich, falls erfolgreich gewählt, von den Strippen lösen, den Puppetmaster verbannen um ein eigenes Theater zu installieren. Dunkle Wolken am Horizont ziehen auf.
Als wäre das nicht genug, begann es auch im Volk zu rumoren. Absurdistan den Absurden, lautete eine Demo vor dem Palast. Oder: Wir sind die Absurden! Keine leichte Zeit und heimlich wünschten sich manch Kaisergetreue es bliebe alles wie es ist.
Selbst der kaiserfeindliche Ruf nach Demokratie war zu hören. Das grenzte schon an Aufruhr.
Die Kaiserin erschrak, das war nicht mehr ihr Land. Sogar die vereinzelt eingeladenen Akademiker aus aller Herren Länder wurden kritisiert. Das Kaiserreich ist wirklich nicht mehr das, was es früher einmal war, hörte man sie murmeln. So begann sie sich weit entfernt von jenem unseligen Trubel einen kaisergerechten Altersitz anzulegen. Tief in den Tälern von Südamerika, wo kein antikaiserlicher Demonstrant seinen Fuß hinsetzen würde, wo der Condor majestätisch kreist, die Brüllaffen Respekt kreischen, dort will sie hin. Sollte sie einmal ins Bein gestochen werden, war es vermutlich kein Klapperstorch, sondern ein Skorpion oder auch eine jener zahlreich dort lebenden Taranteln. Aus diesem Grund bat sie ihren alten Kameraden, Vladimir den Giftmischer, um toxikologisch-fachliche Beratung. Der kaiserliche Gemahl, sehr sauer, fand das nicht so aufregend. Nein, das kommentiert er grundsätzlich nicht. Ihre kaiserliche Majestät versprach beschwichtigend ihrem ex-Volk jedes Jahr zu Weihnachten eine Postkarte zu schicken. Das Volk brach in Jubelstürme aus.
Zwischenzeitlich machten sich neue Bewerber bemerkbar. Hoch auf dem gelben Wagen wollten sie in das Kaiserschloss einziehen. Falls man ihnen das verwehrt, möchten sie aber mitbestimmen wer an deren Stelle neuer Kaiser wird.
Nur eine kleine Gemeinde der Bergvölker, vom Stamm der Weißbieranbeter, wollte sich an der Kaiserwahl nicht beteiligen. Mia san Mia, wie der Stammesfürst sagte, und … das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen … I wull net in´d Haupstadt. Das macht nachdenklich. Ob er Angst hat sich dort in Lederhosen zu zeigen? Oder geht’s um Weißwürschtl zuseln? Eventuell möchte er nicht als Barbar dargestellt werden. Allgemein schickt sich das im Kaiserreich ja nicht.
Plötzlich, so ganz links, hinten aus der linkesten Ecke heraus, tönt ein Zwischenruf: Minderheiten vor! Was denn für Minderheiten, so fragt sich ein jeder Absurder. Da platzt es aus dem Rufer heraus: Wir wollen endlich eine Dragqueen als Kaiserin. Viel zu lange wurde das unterbunden! Spontan kamen Beifallsrufe. Genau das ist es doch, wir Kaiserlichen stehen ausdrücklich für Offenheit, Toleranz und vor dem Gesetz sind wir alle gleich, nicht wahr? Es dauerte auch nicht lange, man fand eine Dragqueen im nahegelegenen Kiez und schleppte sie ins Regierungsgebäude. Sie lief auf einen altgedienten Minister zu: Hallo Süßer, ich bin der Moritz, wie heißt Du mit Vornamen?
Aus der Weltpresse: Absurdistan wählt absurd! Wenn Absurde ihre neue Kaiserin wählen, steht die Absurdität an erster Stelle.
Die Vorfreude auf die Wahl konnte größer nicht sein! Absurdistan my love!!! Und wenn es mit der Dragqueen nicht klappen sollte, es gibt ja noch diese bekannte Sendung im TV: Land sucht Kaiserin …

Veröffentlicht von:

Ulli Zauner

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