Auf Kante genäht!

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Haar – Lkr. München/ Der Haushaltsplan der Gemeinde Haar für 2022 wurde am 30. November 2021 einstimmig aufgestellt und beschlossen. Trotz Zustimmung machte FDP-Gemeinderat Dr. Peter Siemsen in seiner Haushaltsrede unmissverständlich deutlich: „Dieser Haushalt ist auf Kante genäht!“

Als zentrales Problem nannte er die in den kommenden Jahren einbrechenden Gewerbesteuereinnahmen – verursacht durch den in diesem Jahr vollzogenen Wegzug des mit Abstand größten Gewerbesteuerzahlers. Die Aufstellung eines genehmigungsfähigen Haushaltsplans für 2022 war letztlich nur durch das Aufschieben wichtiger Investitionsvorhaben und die Nutzung von Haushaltsresten aus dem Vorjahr gelungen. Siemsen kritisierte in diesem Zusammenhang, dass für unvorhergesehene Kosten zum Erhalt der in die Jahre gekommenen Hallenbäder sowie finanzielle Zusatzbelastungen aus der Corona-Pandemie kaum Handlungsspielräume bestehen.

Für 2022 forderte er: „Das Arbeiten an der Einnahmeseite muss als zentrales Thema auf die Agenda unserer Gemeindepolitik.“ 2021 wurde aus seiner Sicht nicht ausreichend genutzt, um Maßnahmen zur Gewerbeförderung auf den Weg zu bringen. Dementsprechend schloss Peter Siemsen seine Haushaltsrede mit einem eindringlichen Appell ab: „Es ist 12 – wir müssen handeln!“

Seine vollständige Haushaltsrede ist nachfolgend veröffentlicht:

Haushaltsrede der FDP in der Haarer Gemeinderatssitzung am 30.11.2021
Redner: Dr. Peter Siemsen, Gemeinderat der FDP

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen,

[…]
„Mit den niedrigsten sicheren Einkünften zu rechnen: das vermögen nur sehr einsichtsvolle und willensstarke Leute. Es liegt im Wesen des Menschen, lieber das Günstigere als das Ungünstigere zu hoffen. Einem klugen Haushalter entgeht es aber nicht, welche Einnahmen, die sich früher ergaben, sicher wiederkehren werden und welche nicht.“ Diese Feststellung des Münchner Nationalökonomen Max Haushofer aus dem späten 19. Jahrhundert beschreibt treffend den Anspruch an uns alle, wenn wir auf die Haushaltsplanung für 2022 schauen.

Die hohen Steuereinnahmen in den Jahren 2020 und 2021 werden in den kommenden Jahren in dieser Form nicht wiederkehren. Der in diesem Jahr vollzogene Wegzug unseres größten Gewerbesteuerzahlers wird einen empfindlichen Einbruch bei den Gewerbesteuereinnahmen nach sich ziehen. Gleichzeitig muss die Gemeinde eine Reihe kostenintensiver Projekte schultern:

An die noch laufende Gebäudesanierung in der Salmdorfer Straße 2 zur Schaffung neuer Beschäftigten- und Senioren-Wohnungen sowie zusätzlicher Büroflächen für das Rathaus schließt sich mit der Sanierung des Gasthofs zur Post und des Bürgerhauses ein weiteres, millionschweres Vorhaben an.

In den überaus wichtigen Bereich Bildung, Jugend und Familie müssen wir auch in den kommenden Jahren massiv Investitionen tätigen. Die Sanierung des Katholischen Kindergartens St. Konrad, die Erweiterung des Ernst-Mach-Gymnasiums oder auch der Neubau des DINO-Jugendtreffs werden den finanziellen Planungshorizont der kommenden Jahre mehr als ausfüllen.

Hinzu kommen die Maßnahmen für Umwelt- und Klimaschutz. Angesichts der in diesem Jahr auch in Deutschland aufgetretenen Unwetterkatastrophen nimmt das Thema in den neuen Haarer Leitlinien zu Recht einen hohen Stellenwert ein. Neben der kapazitiven Auslastung unserer Bautechnik zwingt uns nun vor allem die Haushaltslage darüber zu diskutieren, einige wichtige energetische Sanierungsprojekte von Gebäuden in der Vaterstettener Straße und Freibadstraße zurückzustellen oder – falls rechtlich und wirtschaftlich möglich – aus dem Gemeindehaushalt in das Kommunalunternehmen Wohnungsbau Haar zu transferieren. Das zeigt ganz klar: Dieser Haushalt ist auf Kante genäht.

Durch Aufschieben und eventuelle Auslagerung wichtiger Investitionsvorhaben, Nutzung von Haushaltsresten aus dem Vorjahr und der Hoffnung, dass auf die Gemeinde keine unerwarteten Kosten oder Kostenmehrungen zukommen werden, kann nach Einschätzung der Kämmerei für 2022 ein genehmigungsfähiger Haushalt erreicht werden. Die derzeit noch nicht in vollem Umfang absehbaren, finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie fanden im Haushaltsplan ebenso wenig Berücksichtigung wie die Möglichkeit kurzfristig auftretender Großreparaturen von in die Jahre gekommener Infrastruktur (wie beispielsweise dem Hallenbad St. Konrad). Das Eintreten derartiger Volatilitäten und Risiken können das eher günstigere Bild des vorliegenden Haushaltsplans sehr rasch zu einem ungünstigeren wandeln. Aus diesem Grund steht die FDP hinter dem Vorschlag der Kämmerei, die Prognose für die Entwicklung der Kreisumlage in den kommenden Jahren nicht nach dem „Günstiger-Prinzip“ vorzunehmen.

Anlass zur Sorge gibt die im Finanzplan 2021-25 dargestellte Entwicklung der Rücklagen in den kommenden Jahren. Die Reduzierung von heute rund 51 Mio. € auf 3,7 Mio. € in 2025 zeigt das Missverhältnis von Einnahmen- und Ausgabenseite klar auf. Bereits 2022 müssen 16 Mio. € aus der Rücklage entnommen werden, um das Aufgabenvolumen zu stemmen. Wenn es uns in den nächsten Jahren nicht gelingt, die Einnahmenseite wieder massiv zu stärken, sind nicht nur wichtige Zukunftsprojekte wie das Mobilitätskonzept, der Klimaschutz, die Weiterentwicklung der Leibstraße oder ein Realschulstandort Haar gefährdet, sondern auch wichtige Errungenschaften im Bereich Bildung und Soziales. Die von uns selbst in den Haarer Leitlinien formulierten Ziele zur nachhaltigen Weiterentwicklung unserer Gemeinde können bei einer derartigen Verschlechterung der Gemeindefinanzen nicht erreicht werden!

Ich freue mich, dass es uns für 2022 noch einmal gelungen ist, einen Haushaltsplan zu erarbeiten, ohne massive Einschnitte bei Empfängern freiwilliger Leistungen vornehmen zu müssen. Die im kommenden Jahr in den Haushalt eingestellten Mittel zur Unterstützung wichtiger Bildungs- und Sozialeinrichtungen wie der Volkshochschule, Musikschule und Nachbarschaftshilfe machen deutlich, dass wir auch in schwierigen Zeiten hinter unseren Institutionen und Vereinen stehen. Allerdings wurde in diesem Jahr für alle Beteiligten sichtbar: Die finanziellen Handlungsspielräume der Gemeinde früherer Jahre sind nicht mehr da.

Das Arbeiten an der Einnahmeseite muss daher als zentrales Thema auf die Agenda unserer Gemeindepolitik. Aus Sicht der FDP wurde 2021 nicht ausreichend genutzt, um Maßnahmen zur Gewerbeförderung auf den Weg zu bringen. 2022 müssen die personellen Ressourcen der Verwaltung auf dieses Thema fokussiert werden. Mit den im Haushaltsplan beschlossenen Mitteln für die Digitalisierung der Verwaltung und den neuen Internetauftritt schaffen wir eine wichtige Grundlage, die Leistungsfähigkeit und Attraktivität unserer Gemeinde auch für Gewerbetreibende zu erhöhen. Das allein wird allerdings nicht ausreichen, wenn es uns nicht gelingt, ein Gewerbeentwicklungskonzept auf den Weg zu bringen, das Unternehmen weit über Haar hinaus überzeugt.

Mit diesem Haushalt ist die Kuh noch nicht vom Eis. Während ich meine letzte Haushaltrede abschloss mit den Worten „Es ist 5 vor 12“, muss ich heute feststellen: Der Zeiger der Uhr hat sich weitergedreht. „Es ist 12 – wir müssen handeln!“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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