AVA-KOMMENTAR ZUR PRESSEMELDUNG am 2.7.22 der AGRARMINISTERIN OTTE-KÃœNAST

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„…Es war leider nur eine Frage der Zeit, wann die Schweinepest auch Niedersachsen erreicht…" so Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Künast u.a. am 02.07.2022  auf Ihrer Presseerklärung.

Dieser Satz der Ministerin tut nicht nur Tierärzt*innen und Landwirt*innen weh. Niedersachsen ist doch ein hoch professionelles Schweineland mit sehr gut ausgebildeten Landwirt*innen. Die Biosecurity der einzelnen Betriebe ist sehr hoch angesiedelt, denn die Tierhalter*innen wissen ob ihrer großen Verantwortung, die sie täglich tragen.

Die Schweinepestausbrüche der letzten Jahrzehnte fanden nur auf kleinen und kleinsten Schweinehaltungsbetrieben ihren Ursprung. Nebenerwerbslandwirte und selbst auch Biobetriebe, die mit gravierenden „Hygienemängel" behaftet waren, sind „kritische" Bereiche für einen Seucheninput.

Der letzte Schweinepest-Seuchenzug im Münsterland im Jahre 2006 ist ein deutliches Beispiel dafür. Ein Schweinemäster mit rund 60 Mastschweinen war Ausgangspunkt für die Ansteckung von letztendlich  9 Betrieben, was die Keulung von über 120.000 Schweinen in knapp 200 Schweinebetrieben im Münsterland zur Folge hatte. Und wenn man bedenkt, dass der Wildschweinepesttyp Güstrow 2,3 als Ausgangsvirus nachgewiesen werden konnte… (Der Hofbesitzer war Hobbyjäger und aus MV brachte er ESP-positive „Jagdtrophäen" mit ins Münsterland. Wie der „Kreis" sich dann schloss, kann man sich denken.

Verheerende Schweinepest-Seuchenzüge gab es in den 1990er-Jahren. Allein zwischen 1993 und 2002 mussten in Europa über 15 Millionen Schweine getötet werden. In der Regel waren auch nur die kleinen Betriebe die nachgewiesenen Seuchenausbruchsherde.

Warum  und wie das ASP-Virus  auf den Hof und in die Schweineställe in Emsbüren gelangte, muss akribisch untersucht werden. Es ist jetzt Pflicht der Behörden, diesen Seucheneintrag nachzuvollziehen – zum Schutz aller anderen Schweinebetriebe und der Tiere auf den Höfen. Hierüber lediglich zu spekulieren ist nicht zielführend. Zu loben ist auf jeden Fall die betreuende Tierarztpraxis des betroffenen Betriebes. Der/die Tierarzt/Tierärztin hat pflichtbewusst und vorausschauend den Seuchenverdacht ausgesprochen und entsprechend gehandelt. Danke dafür!

Zurückkommend auf den zurzeit so oft zitierten Satz der Agrarministerin: „Es war leider nur eine Frage der Zeit…". Viele wirkliche Fachleute haben nicht erwartet, dass die ASP so schnell einen professionellen Schweinebetrieb „zu Fall bringt". Die Hygienevorschriften und auch das Verständnis der Schweineprofis zur Biosecurity (oder auch Betriebshygiene genannt) sind sehr hoch angesiedelt, und jeder Schweinemanager weiß ob der Gefahren einer möglichen Übertragung von Seuchenerregern.

Also, warum haben Sie, Frau Ministerin, auf einen Seuchenausbruch in einem Profibetrieb gewartet? Trauen Sie Ihren Schweinehaltern nicht zu, professionell (genug) zu arbeiten? Mit Ihrem Satz haben Sie Tierschutzorganisationen dazu ermutigt, in deren Presseerklärungen die moderne Schweinehaltung zu kritisieren, ja letztendlich zu verdammen.

Leider leben wir auch im Zeitalter des Anthropomorphismus, wo Tier und Mensch „eine gemeinsame Ebene verbindet" (also das Zusprechen (Attribution) menschlicher Eigenschaften auf Tiere). Schnell finden sich Begriffe wie „Massentierhaltung", dauernde Antibiotikazusätze im Tierfutter, giftiges, krank machendes Fleisch, Tierquälereien… . 

Landwirt*innen tun alles in ihrer Macht stehende zur dauernden Optimierung von Tierschutz, Tierwohl, Tiergesundheit und Verbraucherschutz. Der Gesetzgeber gibt hierfür Standards vor, die in Gesetzen und Verordnungen niedergeschrieben sind.  Wenn das „alles" nicht richtig sein soll, dann muss der Gesetzgeber eben handeln – nach neuesten landwirtschaftlichen und tiermedizinischen Wissenschaften. Natürlich gibt es immer wieder neue und aktuelle Erkenntnisse, die dann eben stetig in die Gesetzgebung mit eingearbeitet werden müssen – aber nicht nur in die deutsche. (Leider ist auch noch die politische Situation für Schweinehalter total unbefriedigend)

Liebe Frau Ministerin, bitte sorgen Sie dafür, dass wir in Kürze haargenau wissen, wie und warum der ASP-Seucheneintrag in einen professionelle Schweinebetrieb im Emsland erfolgen konnte. Ein ASP-Ausbruch in einem Hausschweinebetrieb mit Mauern und Zäunen kann verhältnismäßig schnell in Griff zu bekommen sein. Natürlich ist das bei Wildschweinen (ohne Zäune und Mauern) sehr viel schwieriger zu bewerkstelligen. Seinen Sie konsequent, ja bitte noch konsequenter bei der Durchsetzung der nötigen Maßnahmen. Tierärzt*innen, Landwirt*innen und andere Fachkundige helfen gerne mit, die Weiterverbreitung in Profibetrieben zu verhindern. (Ist der letzte Ausbruch der ASP in einem kleinen Betrieb in Baden-Württemberg denn überhaupt aufgeklärt worden?)

Um noch einmal auf den Schweinepestzug 2006 im Münsterland zurück zu kommen: Nachweislich wurde die Weiterverbreitung und Ansteckung der weiteren 8 Betriebe „nur" durch „menschliches Versagen" verursacht. 

Ihre Aussage, „es war leider nur eine Frage der Zeit", ist Ihnen doch sicher nur ganz aus Versehen herausgerutscht.

Weitere Informationen erhält man auf der AVA-Homepage unter www.ava1.de.

Zur Information: Die AVA ist eine Fortbildungsgesellschaft mit dem Ziel der Aus- und Weiterbildung und der Verteilung von Informationen für den landwirtschaftlichen und tiermedizinischen Bereich. Gleichzeitig ist die AVA ein Forum für Landwirte und Tierärzte, die die Herausforderungen der Produktion gesunder Nahrungsmittel in den nächsten Jahrzehnten in den Blick nimmt.

»Ziel der Agrar- und Veterinär-Akademie ist es, die Probleme der modernen, nachhaltigen Landwirtschaft und Tierhaltung zu erörtern. Wir wollen gemeinsam Wege finden, um tiergerecht, praxisbezogen und verbraucherorientiert zu arbeiten. AVA-Fortbildungen helfen Arzneimittel einsparen!«  Ernst-Günther Hellwig, Gründer und Leiter der AVA, Steinfurt, Burgsteinfurt

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