5 Schritte: Mein Weg zur Bewältigung der Zwangserkrankung

Der Leiter der Konstanzer Selbsthilfeinitiative zu Zwängen, Phobien und Depressionen, Dennis Riehle, leidet seit 25 Jahren an einer Zwangsstörung. Während er anfangs bis zu 22 Stunden täglich damit verbrachte, zu zählen, zu kontrollieren, zu waschen, zu sortieren, aufzuräumen und in endlosen Spiralen nachzudenken, konnte er das Ausmaß seiner Erkrankung auf heute etwa drei Stunden tägliche Beschäftigung mit dem Zweifel reduzieren. Wie er selbst dabei vorgegangen ist, zeigen seine fünf Schritt zur Bewältigung des Zwangs.

1. Erkennen und Annehmen

Stereotypes Handeln und Denken als Zwangserkrankung identifizieren, diagnostizieren lassen und die Tatsache zu verinnerlichen versuchen, dass man an einer psychischen Störung trägt, von der viele Millionen andere Menschen ebenso betroffen sind und die man heute gut behandeln kann. Das Eingeständnis, an diesem Leiden nicht selbst schuld, sondern ein Patient zu sein, der an einer aus vielen Gründen sich systemisch entwickelten Beeinträchtigung leidet. Sie darf man im ersten Schritt als Teil der eigenen Psyche und des Organismus respektierten, muss sie aber nicht als prägende Eigenschaft der eigenen Persönlichkeit akzeptieren. Wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses ist die Edukation, das sich Informieren über die Entstehung, Ursachen, Verbreitung, Beweggründe für die Aufrechterhaltung, Symptome, Behandlung, ergänzende Unterstützungsmöglichkeiten, soziale Hilfen und Prognose des Krankheitsbildes samt seines prägenden Charakters und seiner potenziellen Veränderlichkeit.

2. Deuten und Ursachen offenlegen

Die Erkenntnis, dass eine Zwangserkrankung nicht nur ein verhaltenspsychologischer Prozess der Angewöhnung ist, sondern eine Funktionalität besitzt, die das Beschwerdebild dynamisch und als Katalysator aufrechterhält, ist eine schwierige Aufgabe der Deutung ihrer Symptome. Das Verständnis darüber, dass neben einer biochemischen Komponente eines pathologischen Gehirnstoffwechsels auch tiefenpsychologische Aspekte, kognitive Fehlassoziationen von Empfindungen und eine Konnektion zwischen zumeist ängstlichen Impulsen und dem Wunsch nach Negierung von Stress, Anspannung und Nervosität eine Rolle spielen, gehört auch zur Interpretation und Erklärung, weshalb eine bestimmte Person von einer Zwangsstörung heimgesucht wird und in ihrer jeweils individuellen Lebenssituation Strukturmerkmale aufzuweisen vermag, die ätiologisch zumindest ansatzweise nachvollziehen lassen, wieso ein Krankheitsbild fortbesteht. Erst, wenn dieses komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher Wirkungsabläufe auf die seelische Situation entschlüsselt ist, kann eine an der Wurzel des Problems ansetzende Aufarbeitung antreibender Kausalitäten vorgenommen werden.

3. Konfrontation und Problemlösung

Neben Exposition, also dem bewussten Konfrontieren mit den zwangsauslösenden Situationen, welche durch wiederholte Übung und verschiedene therapeutische Elemente wie Biofeedback, Gefühlsakzeptanz und umleitende Körperwahrnehmung ihrer Bedrohlichkeit beraubt werden und in der Folge nicht mehr in der Lage sind, ein Neutralisationsverhalten beim Betroffenen anstoßen zu können, ist auch die Lösung von die Zwangserkrankung triggernden Alltagsnöten, beispielsweise familiärer, beruflicher, biografischer, emotionaler oder traumatisierender Natur. Neben der flutenden Verhaltenstherapie sind also auch Elemente der gesprächsanalytischen und Systemtherapie an einer multimodalen Behandlung eines Zwangs sinnvollerweise beteiligt.

4. Entwöhnung und Dehabituierung

Dekonditionierung (Durchtrennen der zwanghaft fehlgeleiteten Reiz-Reaktion) mithilfe von kognitiven Versuchen der Rückholung übertriebener Befürchtungen in die rationale Realität, Umformulierung von Glaubenssätzen und Vernetzung neuer Stimulus-Response-Ketten. Entsprechend muss das Gehirn wieder lernen, mit Sorge und Furcht besetzte Gedanken- und Gefühlsimpulse neu zu bewerten, sich ihrer harmlosen Dimension bewusst zu werden sowie reflexartiges Reagieren in Form von der Situation kontrollierendem Zwangsverhalten insoweit abzubauen und zu „vergessen“, dass ein subjektiv wie objektiv angemessenes und gleichsam verhältnismäßiges Handeln und Denken in einer jeweils individuellen Einzelfallentscheidung wieder möglich und letztlich automatisches Anzweifeln des eigenen Tuns unnötig wird.

5. Ablösen und Ersetzen

Am Ende steht eine Zeremonie der Trennung und des bewussten Ablegens der Zwangsstörung, beispielsweise in Form einer therapeutischen Verabschiedung von Handlungen und Gedanken. So kann das Aufnotieren von charakteristischem Zwangsverhalten auf Notizblätter und deren anschließendes Verbrennen als Ausdruck eines finalen Loslassens geschehen. Danach gilt es, die im Alltag frei gewordene Zeit mit frischen, sinnstiftenden und ausfüllenden Tätigkeiten und Formen des Genusses und der Selbstfürsorge zu substituieren und sich mithilfe eines etwaigen Persönlichkeitstrainings als zwangloses Individuum zu definieren, das sich im Lebensalltag klar zu Freiräumen bekennt und sie sich mit Oasenmomenten, Belohnungen oder anderen Formen der eigenen Wertschätzung zugesteht, um eine Atmosphäre der Seelengesundheit zu erhalten.

Autor: Dennis Riehle | Selbsthilfeinitiative Zwänge, Phobien und Depressionen Martin-Schleyer-Str. 27 | 78465 Konstanz | Mail: info@selbsthilfe-riehle.de

Veröffentlicht von:

Öffentlichkeitsarbeit Dennis Riehle Konstanz

Martin-Schleyer-Str. 27
78465 Konstanz
DE

Avatar Ansprechpartner(in): Dennis Riehle
Herausgeber-Profil öffnen

Informationen sind erhältlich bei:

Öffentlichkeitsarbeit Dennis Riehle

Martin-Schleyer-Str. 27

78465 Konstanz

Mail: info@presse-riehle.de

Tel.: 07531/955401

Vorherige bzw. nächste Pressemitteilung: