2023 wurden mehr als zwei Millionen Fahrräder mit Elektroantrieb verkauft. Dabei ist E-Bike nicht gleich E-Bike. ARAG Experte Jan Lucas Kemperdiek erläutert die Unterschiede, erklärt, worauf man bei der Fahrt mit einem Elektrorad grundsätzlich achten sollte und weiß, welche Vorteile Arbeitnehmer von einem Drahtesel haben, egal, ob mit oder ohne Elektromotor.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Pedelec und E-Bike?
Jan Lukas Kemperdiek: Die meisten „E-Bikes" sind eigentlich Pedelecs. Das Pedelec (Pedal Electric Cycle) unterstützt nur, wenn man selbst in die Pedale tritt; das E-Bike hingegen fährt auch selbst und benötigt ein Versicherungskennzeichen. Dazu kommen viele kleine, feine Unterschiede. Je nachdem wie stark Motorleistung und Geschwindigkeit ist, ist das Rad ein Fahrrad oder ein Kraftfahrzeug. Und das hat wichtige Konsequenzen zum Beispiel bei der Helmpflicht, Verkehrsregeln oder Promillegrenzen.
Seit März 2017 gelten Pedelecs laut Straßenverkehrsordnung als Fahrrad, wenn sie mit Muskelkraft und einem unterstützenden Elektromotor mit maximal 250 Watt betrieben werden. Die Fahrgeschwindigkeit mit Unterstützung des E-Motors muss zudem auf 25 Stundenkilometer (km/h) begrenzt sein. Schnellere Pedelecs – die sogenannten S-Pedelecs – und E-Bikes, die ohne eigenen Pedaldruck fahren, fallen dagegen rechtlich unter Kraftfahrzeuge und benötigen daher eine Betriebserlaubnis und ein Versicherungskennzeichen.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied: Mit Pedelecs darf man – sofern vorhanden – den Radweg benutzen und muss es sogar, wenn es ein entsprechendes Schild mit weißem Radler auf blauem Grund gibt. Mit E-Bikes oder S-Pedelecs muss man innerhalb der Stadt auf der Straße fahren, auch wenn der Motor ausgeschaltet oder der Akku leer ist. Auf Radwegen darf man nur dann fahren, wenn sie ausdrücklich für Mofas oder E-Bikes freigegeben sind. Das erkennt man am Zusatzschild „Mofa frei" oder „E-Bikes frei „.
Welche verkehrsrechtlichen Besonderheiten gelten noch für E-Bikes und Pedelecs?
Jan Lukas Kemperdiek: Wie eingangs erwähnt, wirkt sich die rechtliche Einordnung als Fahrrad oder Kraftfahrzeug auf die Promillegrenze aus. Während sie bei Fahrern von Pedelecs und antriebslosen Rädern bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille liegt, geht man davon aus, dass ein E-Bike-Fahrer bereits bei 1,1 Promille absolut fahruntüchtig ist. In beiden Fällen liegt die Grenze für eine Ordnungswidrigkeit aber schon bei 0,5 Promille. Bei der Handynutzung müssen Pedelec- und Radler 55 Euro zahlen, wenn sie während der Fahrt ohne Freisprecheinrichtung telefonieren. E-Bike- oder S-Pedelec-Fahrer zahlen 100 Euro und bekommen einen Punkt in Flensburg. Eine Helmpflicht gilt zwar nur für E-Bikes, aber ich empfehle allen Fahrradfahrern – allen voran Kindern – grundsätzlich einen Helm zu tragen.
Immer mehr Arbeitnehmer bekommen Dienst-Fahrräder von ihrem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt. Was ist der Vorteil?
Jan Lukas Kemperdiek: Mal abgesehen von gesundheitlichen und Umwelt-Aspekten: Mit Diensträdern – egal, ob mit oder ohne Antrieb – können Arbeitnehmer ihre Einkommensteuer senken. Dabei können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Kosten für das Firmenfahrrad teilen oder der Chef übernimmt die Kosten.
Soll der Mitarbeiter die Kosten oder einen Teil davon tragen und entscheidet sich für ein Leasing, sieht das Ganze folgendermaßen aus: Der Arbeitnehmer vereinbart mit dem Arbeitgeber die Nutzung eines Dienstrads und sucht sich einen Drahtesel aus. Der Arbeitgeber erhält Sonderkonditionen, wodurch das Rad günstiger ausfällt. Das kann im Übrigen auch ein E-Bike, Pedelec oder ein High End Carbon-Rad sein. Die Raten, die für das Dienstrad anfallen, zieht der Arbeitgeber als Gehaltsumwandlung direkt vom Bruttogehalt seines Angestellten ab. Durch das geminderte Bruttoeinkommen spart der Arbeitnehmer Steuern und Sozialabgaben. Da er das Dienstrad auch privat nutzt, muss er den geldwerten Vorteil allerdings mit 0,25 Prozent des Listenpreises als „geldwerten Vorteil" versteuern.
Kommt der Arbeitgeber ganz für die Kosten für das Dienstrad auf, hat der Arbeitnehmer den größten Vorteil. Wenn der Arbeitgeber es zusätzlich zum Arbeitslohn zur Verfügung stellt, bleibt es komplett steuerfrei. Die Steuerbefreiung gilt für Räder, Pedelecs und E-Bikes, sofern sie nicht schneller als 25 km/h fahren.
Übrigens: Wenn ein Arbeitnehmer länger erkrankt und Krankengeld bezieht, muss er die Leasingraten für das Rad in dieser Zeit selbst bezahlen. Das hat das Arbeitsgericht Aachen (8 Ca 2199/22) entschieden.
Gibt es weitere Vorteile für Arbeitnehmer, die aufs Rad umsteigen?
Jan Lukas Kemperdiek: Meist profitieren Mitarbeiter auch vom Service. Denn Wartung und Versicherung sind in der Regel im Leasing-Vertrag des Dienstrads eingeschlossen. Und sie können für jeden Arbeitstag, den sie mit dem Rad zur Arbeit fahren 30 Cent pro Kilometer als Entfernungspauschale gelten machen.
Muss man E-Bikes und Pedelecs eigentlich anders versichern als normale Drahtesel?
Jan Lukas Kemperdiek: E-Bikes und S-Pedelecs, die schneller als 25 km/h fahren, sind versicherungspflichtig. Sie brauchen wie beim Mofa eine Haftpflichtversicherung, die mit einer Teilkaskoversicherung mit Diebstahlschutz erweitert werden kann. Für Pedelecs ist eine private Haftpflichtversicherung zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber ich kann sie nur jedem empfehlen. Denn sie tritt ein, wenn man jemanden mit dem Rad schädigen sollten. Bei einem älteren Vertrag würde ich auch prüfen, ob die Deckungssumme ausreicht.
Außerdem sollte man vor allem bei teuren E-Bikes in einen gute Fahrraddiebstahlversicherung investieren. Denn die Hausratversicherung schützt das Rad nur im Haus, in der Wohnung oder im nachweislich abgeschlossenen Keller. Wird das Rad aber unterwegs gestohlen, tritt die Hausratversicherung nicht ein. Und noch ein Hinweis: Manche Fahrrad-Diebstahlversicherung verlangen die Verwendung eines Schlosses mit einer bestimmten Sicherheitsklasse. Wird das Fahrrad gestohlen und wurde kein solches Schloss verwendet, kann der Versicherungsschutz ganz oder teilweise entfallen.
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