Völlig überraschend: Schwarz-Rot einigt sich über pauschale Tiny House-Baugenehmigung

Jährlich bis zu 180.000 neu errichtete Tiny Houses möglich. Die Not am Wohnungsmarkt scheint auch in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD zu ungewöhnlichen Lösungen zu führen. Bald-Kanzler Friedrich Merz hatte bereits im Wahlkampf für den massenhaften Bau von Mini-Häusern geworben. Dem Bundesverband Mikrohaus liegen jetzt konkrete Entscheidungsgrundlagen zu einem pauschalen Baurecht für Tiny Houses (zu deutsch: Mikrohäuser) bis maximal 28,5 m2 Wohnfläche vor. Seit Jahren beklagen Bauherren und auch der Bundesverband Mikrohaus die hohen bürokratischen Hürden bei der Erteilung einer Baugenehmigung für diese ökologisch hochwertigen Mikrohäuser.

(Berlin 1. April 2025) Die Neuerung soll durch eine Novellierung zum Baugesetzbuch (BauGB) möglich werden, wonach für ein mobiles Tiny House eine pauschale Baugenehmigung für das gesamte Bundesgebiet erteilt werden kann. Wie ungenannt bleiben wollende Teilnehmer aus der Verhandlungsrunde gegenüber dem Geschäftsführer des Bundesverbandes Mikrohaus, Lars Bosse, nicht explizit dementiert haben, soll die entscheidende Idee vom designierten Bundes-Bauminister Jens Spahn stammen. Dieser hatte wohl direkten Einfluss auf Friedrich Merz genommen, nachdem Spahns Lebenspartner selbst ein Tiny House erworben hat und sich über die Beschwerlichkeiten mit der Baugenehmigung beschwerte. Während andere Themen noch in den Verhandlungen feststecken, soll zur Novelle des Baugesetzbuches über Tiny Houses bereits Einigung herrschen. Damit könnte dieses noch vor der Sommerpause vom Deutschen Bundestag beschlossen werden.

Die pauschale Tiny House-Baugenehmigung (kurz: THBG) soll für alle straßenzugelassenen Tiny Houses mit einer zulässigen Mindestgeschwindigkeit von 62 km/h gelten, was als Voraussetzung für die Nutzung der Bundesautobahnen erforderlich ist. Nicht straßenzugelassene Tiny Houses und solche mit geringerer zulässiger Mindestgeschwindigkeit sind von dieser geplanten Regelung ausgenommen. Die THBG soll dann grundsätzlich für alle Wohn- und Ferienhaussiedlungen, Campingplätze sowie frei zugängliche Wiesen und Wälder im Bundes- bzw. Landesbesitz gelten. Das Bewohnen von Seeufern ist aus Naturschutzgründen nur bei Einhaltung eines Mindestabstands zur Uferzone von mehr als fünf Metern erlaubt. Das Befahren von Bootsstegen mit Tiny Houses bleibt weiterhin verboten.

Aus sozialdemokratischen Verhandlungskreisen liegen entsprechende Anpassungen vor, die insbesondere die hochtouristischen Regionen im Mecklenburg-Vorpommern betreffen sollen: Danach sollen sogar Ostseestrände außerhalb der Sommermonate von Juni bis August zu Wohnzwecken geöffnet werden. Dabei darf das Tiny House nicht größer als fünf der Länge nach hintereinander aufgestellte Strandkörbe sein und die Stromversorgung muss im Sinne der Unfallverhütung mindestens 1,50 cm tief eingegraben werden. Diese technische Berechnung soll sich aus den mehr als 100.000 Strandkörben ergeben, die Jahr für Jahr an der mecklenburgischen Ostsee aufgestellt werden, und außerhalb der Hochsaison ausreichend Platz für bis zu 20.000 Tiny Houses bieten könnten. Ganz umstritten dürften solche Vorschläge aus der Bundeshauptstadt nicht sein. Geschäftsführer Lars Bosse weist auf drohenden Widerstand insbesondere aus den Ostseebädern Kühlungsborn, Warnemünde und Graal-Müritz sowie den Inseln Usedom und Rügen hin, wo Befürchtungen laut werden, dass sich an ihren Stränden wilde Bauwagen-Kommunen entwickeln könnten.

Noch-Verkehrsminister Dr. Volker Wissing, der nach seinem Parteiaustritt aus der FDP die Koalitionsverhandlungen auf Seiten der Sozialdemokraten unterstützt, regte wohl an, dass gewerbliche Hersteller von Tiny Houses dafür direkt bei der Straßenverkehrszulassung bei TÜV bzw. DEKRA einen gesonderten THBG-Antrag stellen können. Der TÜV kann dann auch gleichzeitig die baurechtlichen Bedingungen wie Baustatik, Wärmeschutznachweis gemäß Gebäudeenergiegesetz usw. prüfen.
Dabei kann der TÜV auch prüfen, für welche Regionen in Deutschland die Statik berechnet ist. Denn in vielen Gebieten gelten in Sachen Windlast, Schneelast oder sogar Erdbeben (z.B. Regionen um Aachen oder Tübingen) besondere baurechtliche Bedingungen. Je nach Statikberechnung können dann gewisse Regionen (z.B. Nordseeküste mit einer Windlastzone 4) gesperrt oder freigegeben werden. Die Hersteller werden dann verpflichtet, die Risikozonen, in denen die Tiny Houses aufgestellt werden dürfen, explizit auszuweisen.
Der Pressesprecher des TÜV Nord, Sven Ulbrich, konnte zu möglichen Mehrkosten für eine THBG-Lizensierung keine Aussagen machen, „Ich kann bestätigen, dass wir mit den Fachleuten aus dem Ministerium von Herrn Wissing in direktem Kontakt zu stehen. Für die Ausgestaltung der neuen Tiny House-Baugenehmigung liegen uns noch keine konkreten Informationen vor. “

Dass die Verhandlungen bereits so weit vorangeschritten sind, hat den im politischen Berlin bewanderten Lars Bosse, Geschäftsführer des Bundesverbandes Mikrohaus, überrascht: "Selbstverständlich freuen wir uns riesig darüber, dass unsere Arbeit Früchte trägt. Jetzt geht es aber erst einmal darum, die Gesetzesänderungen zeitnah in trockene Tücher zu bringen und dann in die Baumaßnahmen umzusetzen. In jedem Falle erwarten wir mit der pauschalen Tiny House Baugenehmigung eine konsequente Entbürokratisierung. Wir gehen davon aus, dass jährlich bis zu 180.000 Tiny Houses neu aufgestellt werden können, womit wir eine signifikante Entspannung des deutschen Wohnungsmarktes erzielen können.“

Der Bundesverband Mikrohaus wird zeitnah über weitergehende Hintergrundinformationen berichten.

Veröffentlicht von:

Bundesverband Mikrohaus

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04105 Leipzig
Deutschland

Ansprechpartner(in): Lars Bosse
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