Von: Gerhard Wipijewski, Vorsitzender der bfg
Drei Jahre und zwei Monate ohne Bewährung – so lautet das Urteil des Landgerichts München I im Steuerstrafprozess gegen Starkoch Alfons Schuhbeck. Dem Urteil liegt die Hinterziehung von 2,2 Mio. Euro Steuern in den Jahren 2009 bis 2015 zugrunde. Mithilfe von Kassenmanipulationen hatte Schuhbeck dem Finanzamt offenbar Einnahmen in Millionenhöhe nicht erklärt.
Dabei ist Schuhbeck Wiederholungstäter. Schon 1994 war er wegen Steuerhinterziehung zu einem Jahr auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt worden. Und Schuhbeck ist nicht der einzige Gastronom, der wegen Steuerhinterziehung vor Gericht gestanden hat. In München denkt man sofort an die beiden Wies´n-Wirte Sepp Krätz und Edmund Radlinger, die 2014 bzw. 2022 verurteilt worden waren. Im Internet stößt man allein für das laufende Jahr auf eine ganze Reihe von Strafprozessen, in denen es um die Hinterziehung von Millionen-Beträgen in der Gastronomie geht. Am interessantesten dabei vielleicht ein Fall in Niedersachsen, bei dem zwei „Osnabrücker Schummel-Gastronomen“ zu drei Jahren und neun Monaten bzw. zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden sind.
Was die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) als Schummeln bezeichnet, hatte dem Ehepaar von 2014 bis 2016 2,67 Mio. Euro Steuern erspart, wobei die Staatsanwaltschaft zunächst von 6 Mio. ausgegangen war, sich aus prozessökonomischen Überlegungen dann aber auf die Vorwürfe konzentrierte, „die sich ohne großen zusätzlichen Aufwand anhand rekonstruierter Kassendaten sicher beweisen ließen“ (NOZ). Denn der Betrug fußte auf einer Kassen-Software, mit der es nach Kassenabschluss möglich war, „ganz einfach ganze Tische aus der Kasse zu löschen – so als wären die Gäste, die dort gesessen hatten, nie dagewesen“ (NOZ). Auf diese Art wurden die Einnahmen auf ein Drittel reduziert. Nach Darstellung der Zeitung habe der Hersteller der Manipulationssoftware seinen Kunden geraten, die Umsätze um nicht weiter als 40 Prozent zu kürzen. Dann fliege man „unter dem Radar des Finanzamts.“
Der Hersteller der Manipulationssoftware war 15 Monate zuvor zu gut sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden. Gegen 100 der etwa 200 bekannten Kunden seien bisher strafrechtliche Ermittlungen aufgenommen worden, so die NOZ.
Warum überrascht uns das als Finanzbeamte nicht? – Weil wir wissen, dass in der Gastronomie und anderen sogenannten bargeldintensiven Bereichen betrogen wird, was das Zeug hält! Schon vor einem Jahrzehnt hat der Bundesrechnungshof hierzu den Betrag von 10 Mrd. Euro genannt, die dem Staat in diesem Bereich durch die Manipulation der Einnahmen entgehen. Jahr für Jahr!
In den dargestellten Fällen war das Erfassen der Umsätze für die Betrüger kein „Problem“ – man konnte sie am Ende des Tages ja löschen. Das hat sich seit Kurzem etwas geändert, weil im Falle der Nutzung einer Kasse ein sogenanntes TSE-System (Technische Sicherheitseinrichtung) verpflichtend vorgeschrieben ist. Damit scheint ein spurloses Löschen von Geschäftsvorfällen nicht mehr möglich. Dafür werden Umsätze jetzt systematisch nicht mehr in die Kasse eingegeben!
Fällt Ihnen auch auf, dass man zum Bezahlen in den Restaurants nur noch „Zwischenrechnungen“ bekommt? Mit einer solchen ist der Umsatz aber nicht verbucht, eventuell sogar mittels einer – natürlich betrügerischen – vorgeschalteten Kasse! Zur Verbuchung kann man den Wirt nur „überreden“, indem man unbar bezahlt – und zwingen, indem man anschließend noch auf einen Bewirtungsbeleg besteht!
Zudem haben wir in Deutschland weiterhin keine Kassenpflicht! Und so ist die „offene Ladenkasse“ im Einzelhandel, der Gastronomie und nicht zuletzt im Dienstleistungsbereich immer noch weit verbreitet. Die Einnahmen werden dabei abends gezählt und, nun ja, händisch erfasst.
Bei alledem hat die Gesellschaft das Nachsehen! Ihr entgehen jedes Jahr Milliarden, die man für Bildung und Gesundheit, für Sicherheit und Infrastruktur gut gebrauchen könnte! – Oder zum Senken der Steuerbelastung! Denn das ist ja das perfide an Steuerhinterziehung, dass nämlich alle anderen unnötig hohe Steuern entrichten müssen, damit der Steuerbedarf gedeckt werden kann.
Bei alledem haben aber auch ehrliche Mitbewerber das Nachsehen! Denn sie müssen anders kalkulieren, sie haben eine deutlich höhere Steuerlast! Was wir in Deutschland deshalb dringend benötigen ist eine – niedrige – Bargeldobergrenze, eine strenge Überprüfung der Belegausgabe, eine „Belegkultur“ wie in einigen Nachbarländern, flächendeckende Kassennachschauen und eine Inaugenscheinnahme des Geschäftsverkehrs durch Probeessen und Probeeinkäufe!
Denn während die ARD mit ihrer Themenwoche das WIR sucht und das, was uns zusammenhält, erfolgt in der Realität täglich der Betrug an diesem WIR!
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